Ich hatte in meinem Leben keine langen Beziehungen. Schon nach kurzer Zeit fühlte ich mich unwohl. Es war so leer und einsam, die Liebe fehlte. Es passte mir nicht. Ich war unzufrieden. Ich wollte so oft Schluss machen, aber immer, wenn es in diese Richtung ging, kam die Verlustangst. Sobald Harmonie einkehrte, wollte ich den Knall wieder spüren.
Das Feuer, das die Beziehung verbrannte, war gleichzeitig genau die Nahrung, die ich für die Beziehung benötigte.
Nach etlichen Versuchen meinerseits, die Beziehung zu beenden, um mein Liebesfeuer zu entfachen, war ER es, der Schluss machte. Ich heulte drei Monate durch und es war das bisher schlimmste Liebesende. Das ist heute 13 Jahre her. Vor dieser Beziehung war ich es durchgehend, die die Beziehungen beendete, noch bevor sie so richtig beginnen konnten.
Meine Devise lautete:
„Mach zuerst Schluss, dann kann DICH keiner verlassen.“
Ich war eine Meisterin darin, den Typen zu bekommen, den ich mir aussuchte. Wenn ich heute darauf zurückblicke, war ich ein jungsfressendes Monster, das so einigen lieben Seelen das Genick gebrochen hat. Heute weiß ich, dass ich einem erlernten Beziehungsmuster aus meiner Kindheit hinterhergelaufen bin. Meine Eltern trennten sich als ich zwei Jahre alt war.
Die Verlustangst.
Negative Erlebnisse, wie eine Trennung in den ersten Lebensjahren, machen die Welt in Kinderaugen zu einem gefährlichen Ort.
In dieser frühkindlichen Prägungsphase hatte ich gelernt, dass eine Verlustangst in der Liebe ein essentielles Kriterium darstellte. Dieses Gefühl in meiner Jugend immer und immer wieder zu erzeugen, war äußerst anstrengend und gleichzeitig befriedigend. Ich saß in der Achterbahn ganz vorne und fuhr den Lifthill Richtung 1.Abfahrt.
Nach der erste Beziehung, in welcher mit MIR Schluss gemacht wurde und meinem „La Petite Mort“ im Brustbereich ging es steiler bergab. Ich hatte zum ersten Mal wieder erlebt, wie sich jemand von mir trennte, den ich sehr liebte. Meine frühkindliche Verlustangst war präsenter, denn je. Ich war gebrochen und eine Problembeziehung folgte der Nächsten.
Ich suchte mir unterbewusst entweder Männer, die schlimmer dran waren als ich mit meinen Depressionen oder Rebellen.
Zu diesem Zeitpunkt hatte ich keine Ahnung, welche Strategie mein Unterbewusstsein sich da ausgedacht hat. Aber zum einen wirkten meine Probleme in der Relation zu meinen Problemmännern sehr klein und zum anderen stillte ich mit den rebellischen Boys mein Verlangen nach Autonomie und Freiheit, welche ich mich nicht traute, auszuleben.
Eine Chaos-Beziehung folgte der nächsten und meine Freunde machten sich mit Sätzen wie: „Wo ist denn dein Obdachloser?“ oder: „Ey, deine Typen werden ja immer schlimmer!“ über mich lustig. Die Normalos waren mir zu langweilig. Ich brauchte Action und Außergewöhnliches. Ich war ein Problemmagnet. So musste ich mich weniger mit mir und meinen abgefuckten Dämonen beschäftigen und konnte nun die Probleme der Typen mit angehen. Da die das aber gar nicht wollten, so wenig, wie ich meine eigenen Probleme angehen wollte, stand ich nun wieder Barfuß und alleine mit meinem gepackten Koffer voller Dämonen auf der Straße und wurde von einem Obdachlosen aus seinem Herzen geschmissen.
Heute weiß ich, dass mich kein Mensch der Welt von meinen eigenen Dämonen befreien kann und mein erlerntes Beziehungsmuster ein etwas größeres Update benötigt. Neue Beziehung, gleiche Probleme. Egal wo und egal mit wem.
Die Entdeckung der Liebe.
Du kannst an die schönsten Orte der Welt fahren, Deinen Koffer voll Dämonen wirst Du auch dorthin mitnehmen.
Ich habe also angefangen, meinen Koffer zu öffnen und auszumisten. Dabei habe ich unter meinem Strampler aus Kindertagen ein Holzherz gefunden, dass mir vor kurzem erst ein Freud aus Agentinien geschenkt hat. Er hat das Herz in einem riesigen Holzhaufen gefunden und eigentlich ist es gar kein Herz. Ok, wenn man sich Mühe gibt, erinnert es irgendwie an ein Herz. Das Herz war der perfekte Abdruck meines Herzens. Etwas verkrüppelt und rau. Und jetzt verstand ich, was Liebe ist.
Liebe ist überall. Auch in einem Holzhaufen.
Liebe ist entgegen aller Definitionen etwas, das universell ist und viel zu oft mit einem ökonomischen Austauchverhältnis verwechselt wird. Viel zu viele Menschen denken, sie wären im Mangel an Liebe. Man müsse sich um Liebe streiten, verhandeln und Verträge machen. Wenn Liebe überall ist, dann ist sie auch in mir. Und wenn sie in mir ist, kann ich aus allem Liebe machen. Ich kann Liebe überall sehen. Wenn ich anfange, mich selbst zu lieben, kann ich den Menschen liebevoll begegnen. Dann kann ich Liebe in die Welt schicken, ohne eine Gegenleistung zu erwarten. Nur so kommt Liebe zurück. Wenn ich anfange, mit mir selbst im Reinen zu sein, hat Eifersucht keine Chance. Eifersucht entsteht nicht aus der Liebe, sondern aus der Angst vor Mangel an ihr. Mangel entspricht dem wirtschaftlichen Liebesverhältnis. Dem Vertrag der Liebe.
Wenn Mangel und Eifersucht keine Chance haben, hat auch Verlustangst keine Chance. Ich kann nichts verlieren, dass ich in mir trage. ich kann nichts verlieren, dass überall um mich herum zu Genüge vorhanden ist.
Wenn ich mit meinem Koffer voller Dämonen in die Welt gehe und erwarte, Liebe zu erfahren, dann ist das nichts anderes, als wenn ich versuche, mit Spielgeld einen Lottoschein zu kaufen. Beides hat mit Liebe nichts zu tun. Die Liebe, die wir suchen, entsteht in uns selbst.
Peace Faktor:
Kein Mensch und keine Beziehung kann Dir die Liebe geben, nach der Du Dich so sehr sehnst. Unzählige Beziehungen und ein Holzherz später, fange ich an, meinen Koffer zu entrümpeln und eine Liebesbeziehung mit mir selbst zu beginnen.
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