| Written by Peter Weinberger|
„Hilfe“ vom Psychologen
Es war aus… nach knapp zwanzig Jahren Beziehung, nach knapp fünfzehn Jahren Ehe…
Eine dieser Beziehungen, die ursprünglich mal für ein „Happily Ever After“ gedacht gewesen waren. Doch Realität, Schicksal, Gott, Universum, Vergangenheit, Gewohnheit und Umstände hatten mal wieder andere Pläne gehabt als wir – ich konnte regelrecht vor mir sehen, wie sie sich nach unserer Trennung breit grinsend und johlend gegenseitig ihre High-Fives gaben.
Und nun saßen wir diesem Psychologen gegenüber, der uns bei der Frage helfen sollte, ob und wieviel und welchen Umgang wir überhaupt noch miteinander haben sollten.
Wir hatten uns nach der Trennung ein paarmal getroffen, aber diese Begegnungen waren jedes Mal zu mittleren bis völligen Katastrophen oder Zusammenbrüchen geworden. Und so entschieden wir uns dafür, professionelle Unterstützung von außen zu holen…
Erste Begegnung mit dem Entlieben
„Sie müssen sich zunächst mal entlieben!“, sagte er. „Wenn sie irgendwann mal wieder vernünftig miteinander umgehen wollen, müssen sie sich als erstes vollständig entlieben.“
Entlieben… dieses sperrige kleine Wort war mir bislang noch nicht untergekommen, aber eines war mir sofort und absolut klar, als dieser Begriff zum ersten Mal auf meine Großhirnrinde prallte: Entlieben und ich werden sicher keine Freunde – nicht in diesem Leben und auch in keinem anderen!
Welcher psychologische Buchtheoretiker und Realitätsverweigerer hat sich nur so ein beklopptes Konstrukt ausgedacht, so eine Hirn-Wichse?
Große Worte missbrauchen und vergewaltigen…
Wenn man schon neue Begriffe erfindet und dafür bereits existierende Worte ge- bzw. missbraucht, dann sollte man wenigstens einigermaßen die (wahre) Bedeutung dieser Worte verinnerlicht haben. Wenn man etwas Richtiges mit völligem Unfug vermischt, kann man kaum erwarten, dass hinterher wieder etwas Richtiges dabei herauskommt. In der Mathematik gibt Plus mal Minus schließlich auch wieder Minus!
Aber ich schweife ab… sorry.
Zur Ehrenrettung des Entlieben-Erfinders muss mindestens mal gesagt werden, dass er (oder sie) sich zum Verhunzen natürlich auch einen der größten, anspruchsvollsten, interpretations-freudigsten und am meisten missbrauchten Begriffe der Menschheitsgeschichte ausgesucht hat: die Liebe.
Stammt ENTLieben vielleicht von VERLieben?
Vielleicht stand für die Geburt des ENTLiebens ja auch der Begriff des VERLiebens Pate. Aber VERLieben hat mit wahrhaftiger Liebe eben auch nur sehr wenig zu tun. So nüchtern und despektierlich das vielleicht auch klingen mag, aber VERLieben ist letztlich die Zusammenfassung aller Mechanismen, die sich Mutter Natur in all ihrer Weisheit und Kreativität so ausgedacht hat, um die Gattung Mensch zu erhalten und ihren Fortbestand zu sichern. Dazu gehören unter anderem:
Geil aussehen, geil riechen, geil klingen, geil schmecken, sich und andere geil finden, übereinander herfallen, (mehr oder weniger) guten Sex haben, ein paar Wochen oder Monate lang rosarote Brillen tragen, absurde Mengen von WhatsApp-Nachrichten mit noch absurderen Mengen von Herzchen, Smileys, Blumen und Einhörnern schicken sowie im körpereigenen Hormon-Cocktail ersaufen.
Was ja nicht heißen soll, dass Verlieben keinen Spaß macht – ganz im Gegenteil. Verlieben kann richtig schön sein, ABER… es hat eben nur wenig mit Liebe zu tun.
Aber ich schweife schon wieder ab… sorry.
Ich WILL mich aber nicht entlieben!
Gehen wir doch einfach mal davon aus, dass wahrhaftige Liebe gemeint ist… WARUM in aller Welt sollte man sich dann überhaupt ENTLieben wollen?
Lieben, diese tiefe Verbindung, dieses Berühren und Ineinander-Strömen von Seelen, dieser Mega-Flow von Licht, Power und Energie, diese göttliche Erinnerung daran, dass wir so unendlich viel mehr sind als ein komplexer Haufen Materie… DAS ALLES (bzw. die Erinnerung daran und alles was es in mir und mit mir gemacht hat) soll ich über Bord werfen, vergessen und stilllegen!?!? Geht‘s noch? Warum hacke ich mir nicht gleich eine Hand oder ein Bein ab?
Danke für die Verwirrung, Herr Doktor!
Wie sich im weiteren Verlauf des Gesprächs herausstellte, ging es ganz banal darum, Abstand zueinander zu bekommen, (Co-)Abhängigkeiten aufzulösen, uns so wenig wie möglich zu sehen, nicht ständig an den Schmerz und die Trauer erinnert zu werden, den Fokus wieder auf sich selbst, das eigene Leben und auf andere Menschen und Dinge zu bekommen. Aber das alles fasse ich doch nicht unter dem Begriff ENTLIEBEN zusammen. EntWÖHNEN meinetwegen, auch EntZUG würde ich mir noch gefallen lassen. Newsflash, Herr Doktor: (Co-)Abhängigkeiten, Verlustängste sowie lieb gewonnene Gewohnheiten haben ebenfalls nichts mit wahrer Liebe zu tun.
Sind wir ehrlich: wenn wir jemals wahrhaftig geliebt haben oder wahrhaftig geliebt wurden, dann ist das ein Teil von uns und unserer Geschichte, ein kostbarer und bedeutsamer Teil, den wir nicht wieder hergeben möchten! Solche Erfahrungen und Erinnerungen machen unsere Persönlichkeit aus. Sie prägen uns als Mensch sowie auch unseren Umgang mit anderen Menschen, Beziehungen und der ganzen Welt – auf einer sehr tiefen und feinen Ebene.
Ich WILL mich nicht entlieben, KANN mich nicht entlieben – egal welche bitteren und schmerzhaften Erfahrungen Teil der Beziehungsgeschichte gewesen sein mögen. Denn es sind genau die Erinnerungen an wahre Liebe, an Momente völliger Verbindung, Hingabe und Verschmelzung, die mir in Zeiten der Dunkelheit und des Schmerzes Hoffnung geben.
Dieser Artikel ist ein Gastbeitrag von meinem Herzensmenschen, Seelen-Tieftaucher und Coach Peter Weinberger.
Mein Name ist Peter Weinberger und ich arbeite mit Herz, Hirn und Humor als Coach und Mentor in Feldmeilen im Kanton Zürich.
Wie vermutlich die allermeisten Coaches, begann auch ich meine Karriere nicht unmittelbar als Coach. Und das wäre auch nicht wirklich sinnvoll, denn meiner Ansicht nach benötigt es für eine gewissenhafte und seriöse Ausübung dieses Berufs ein sehr solides Fundament an Erfahrungen, Erkenntnissen und Begegnungen mit einer möglichst vielfältigen und bunten Auswahl an Menschen, Situationen und Herausforderungen. Gerade die feineren und eleganteren Disziplinen benötigen sehr lange, bis sie über das reine Handwerk hinaus zum Teil der eigenen Persönlichkeit geworden sind. So wie der liebevolle, achtsame und wertschätzende Blick auf und der Umgang mit den unterschiedlichsten Menschen.
Und so lernte und verfeinerte ich privat wie beruflich in den unterschiedlichsten Kulturen, Kreisen, Unternehmen, Branchen und Rollen meine kommunikativen, empathischen und analytischen Fähigkeiten. Und behielt dabei stets ein offenes, aufmerksames und sehr neugieriges Auge und Ohr für alles, was Menschen zu Menschen macht – zu diesen überaus liebenswerten, widersprüchlichen, zerrissenen und völlig verrückten Lebewesen.
Schaut mal auf seiner Seite vorbei oder besucht ihn bei INSTA.
PEACE.
|Photo by Kelly Sikkema on Unsplash und Peter Weinberger