Liebeskummer. Herzschmerz. Trauer. Wenn wir etwas verlieren, dann sind wir ohnmächtig, machtlos und ausgeliefert. Wir können nichts mehr entscheiden, für uns WURDE entschieden. Wir fühlen uns abhängig. Abhängig von den Entscheidungen des Lebens. Das Leben hat uns im Handumdrehen ein Stück Herz aus der Brust gerissen, wie ein Kannibale, dessen blutiges Verlangen kaum zu stillen ist. Du kannst Dich jetzt wehren und einen qualvollen Tod sterben oder ruhig und in Frieden zusehen, wie Du etwas nährst, dass ohnehin längst Tod ist.
Was hilft uns in diesen Momenten des angefressenen Herzens? Und gibt es eine Möglichkeit, den Kannibalen abzuwehren ohne qualvoll Kämpfen zu müssen?
Mein angefressenes Herz hat sich die Frage gestellt, warum sich das Loserherz in uns so schwer verabschieden kann und warum es weniger leiden sollte.
Akzeptanz.
Wir haben gelernt, dass wir für unsere Handlungen verantwortlich sind und dass wir unser Leben in die Hand nehmen. Jede Entscheidung hat Konsequenzen und die können wir bewusst beeinflussen. Wir sind die Schöpfer unseres Lebens. Wir sind die Kinder des Größenwahns, wir haben alles in der Hand.
Und gleichzeitig müssen wir lernen zu akzeptieren. Wir sollen lernen, Dinge hinzunehmen, die wir nicht ändern können. Wir sollen verstehen, dass das Leben an einigen Stellen für uns entscheidet. Aber niemand lehrt uns diesen schmalen Grat zwischen eigenverantwortlichem Handeln und Akzeptanz der Ohnmacht. Gerade in vermeintlich individuellen, selbstbestimmten Zeiten. Tod, Fehlgeburten, Menschen ziehen zu lassen, die sich gegen uns entschieden haben, all das sind Ohnmachten und Dinge, die wir nicht entscheiden können. Keiner lehrt uns, wie wir mit Trauer, Liebeskummer und Herzschmerz umgehen, wo und warum sie in uns entstehen und ob es anderen ähnlich geht. Gefühlt trauert jeder für sich allein.
Verabschieden.
Im Laufe unseres Lebens kommen wir mehr und mehr mit Herzschmerzen in Kontakt. Freunde verabschieden sich, ziehen um, der Hamster stirbt, wir verlieren unsere erste große Liebe, man trennt sich, vielleicht stirbt ein Mensch, den wir gehen lassen müssen und jedes Mal stirbt etwas in uns. Wir lernen, dass nichts für die Ewigkeit ist, auch nicht unser eigenes Leben. Aber der Gedanke ist zu diesem Zeitpunkt noch sehr weit weg. Wir sind jung, denken vielleicht hin und wieder an den Tod, trotzdem verschließen wir heimlich die Augen vor ihm.
Ein Leben danach.
Es gibt Gesellschaften, die gehen mit dem Tod anders um. Sie schauen dem Tod ins Gesicht. Sie lernen, dass alles hier und jetzt geborgt ist. Sie lernen sich zu verabschieden. Keiner weiß, was danach passiert. Vielleicht gibt es etwas, vielleicht nicht. Vielleicht wird es dann hell, vielleicht nicht. Vielleicht ist es gut, zu denken, es geht weiter, dann ist das Verabschieden leichter. Vielleicht aber kann man das hier und jetzt ohne Ende nicht genießen. Wenn es immer weitergeht, wo bleibt dann das Leben? Wenn es mehrere Dimensionen gibt, gibt es dann eine weitere Begegnung? Eine Chance, sich noch einmal zu sehen? Als etwas anderes? Ohne es zu erkennen? Oder sind wir mittendrin?
Was bleibt ist die Vermutung. Ein vager Plan der Zukunft, den sich jede Religion und Gesellschaft zusammenbaut und doch wird keiner Recht behalten, denn alles wird anders als vermutet. Und was machen wir bis dahin?
Loslassen.
Wir können Lernen zu akzeptieren, was ist. Jeder auf seine ganz spezielle Art und Weise. Denn Loslassen hat etwas Erhabenes. Etwas Liebendes. Etwas Großzügiges. Etwas Schmerzvolles. Wenn es etwas Größeres gibt, dann können wir diesem vertrauen. Verluste sind schmerzvolle Erfahrungen ohne bewusste Entscheidungen. Wir können sie nicht vermeiden. Je mehr wir darauf hoffen, desto größer wird die Angst. Kämpfen ist sinnlos. Wir können nicht gegen den Verlust kämpfen. Er wird kommen, wenn auch verzögert. Wir wissen: Druck erzeugt Gegendruck. Je größer unser Inneres gegen etwas kämpft, desto gewaltiger richtet es sich gegen uns. Wir sind es, die den Dingen ihren Namen und ihre Größe geben.
Die Zeit.
Was hilft, ist die Zeit. Die liebe Zeit, die die Wunden heilen lässt. Je mehr Zeit verstreicht, desto geringer wird der Verlustschmerz. Die Zeit, die keiner hat und jeder haben will. Die Zeit, das Wunder aller Herzschmerzen, der Freund der Genesung, die Liebespille gegen Liebeskummer. Die Zeit, die keiner fassen kann. Kaum ist sie da, ist sie schon wieder verschwunden. Sie heilt Wunden, sie heilt das Herz.
Peace-Faktor:
Erst, wenn wir herausgefunden haben, dass es Dinge gibt, die wir nicht ändern können, dann lernen wir großzügig zu sein, zu akzeptieren, ruhig zu bleiben, offenherzig zu lieben, Raum zu geben, zu verabschieden und etwas gehen zu lassen. Die Liebe, die wir bis dahin gespürt haben, die bleibt für die Ewigkeit. Sie schwirrt irgendwo in der Materie herum, denn Energie verschwindet nicht.
Nach dem Loslassen lernen wir, dass der Schmerz von der Zeit geheilt wird und dann wird uns klar, dass es nicht nötig ist, dem Gefühl des Liebesschmerzes einen Druck zu geben. Sich aufzubäumen, Gefühle aufschreien zu lassen, denn was dann passiert, schadet uns nur selbst. Wir geben uns einem Schmerz hin, den wir viel zu groß machen. So groß, dass er uns auffrisst. Wir sind unsere eigenen Kannibalen. Wir produzieren in uns Monstergefühle. Aber die liebe Zeit, die wird es auch ohne unsere letzten Gefühlszuckungen richten. Je größer der Leidensdruck, desto länger die Leidenszeit. Wir vergessen beim Leiden daran zu denken, dass auch unsere Tage gezählt sind und uns negative Gefühle krank machen. Wir können entscheiden, wie groß unser Leidensdruck ist und wie wir die Tage unserer Lebenszeit füllen.
Wenn wir lernen zu akzeptieren, dass wir einige Dinge nicht ändern können, dann leben wir ein Leben in unendlicher Liebe mit weniger Verlustschmerz. Wir haben dann eines getan: wir haben uns für die Liebe und gegen das Leiden entschieden.
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