Ich bin unsicher. Ich habe Schiss. An manchen Tagen ging ich vor Angst nicht vor die Tür. Diese selbstverständliche Welt, in der wir uns täglich bewegen und Zuhause sind, wurde fucking dangerous. Alles war fremd, als müsse ich den Alltag neu erlernen. An diesen Tagen ging ich wie auf Stelzen durch meine tägliche Routine. Dabei fühlte ich mich wie ein dummer Clown in einer Zirkusarena.
Ich hinterfragte alles! Bin ich richtig? Habe ich im Büro noch meine Hausschuhe an? Verhalte ich mich angepasst? Putze ich mir gerade mit rechts oder links die Zähne? Kann ich das überhaupt? Was denken die Anderen? Sitzt meine Clownsnase? Bin ich ein Versager? Meine unsicheren Tage fingen im Bett an, noch bevor ich ein Bein auf den Boden setzte. Nachdem ich die Augen aufmachte, war klar, welchem Tag ich heute ausgesetzt bin. Und dann kannst Du nichts mehr gegen diese Gefühle tun. Du musst da durch. Und zwar jetzt.
„Steh auf, geh auf die Bühne und mach deine fucking Show.“
Der unsichere Clown in meinem Herzen hat sich die Frage gestellt, was Unsicherheit ist, wo sie herkommt und was ich dagegen tun kann.
Was ist Unsicherheit?
Unsicherheit ist ein Mangel an Sicherheit. Es ist befürchtetes fehlendes Wissen. Fehlendes Wissen führt zu nicht einschätzbaren Konsequenzen und unkontrollierbaren Ereignissen. Ein Mangel an Vertrauen führt zu Angst und zu einer vermeidenden Verhaltensstrategie.
Wie äußert sich Unsicherheit?
Eine neue Situation, ein Referat, eine Zirkusaufführung oder eine spontane Planänderung kann Unsicherheit hervorrufen. Das Herz schlägt schneller, wir fangen an zu schwitzen, uns verläuft die Clownsschminke, wir stottern, stolpern oder bekommen ein Blackout. Dahinter steckt der Wille, sein Bestes geben zu wollen. Nach der Aufführung ist man dann erleichtert und kommt allmählich zur Ruhe.
Ich nicht! Ich quäle mich dann mit Gewissensbissen, es hätte noch besser sein können und glaube nicht an meine eigene Leistung. Im Zweifel hatte ich Glück oder die anderen haben es gut mit mir gemeint. Ich habe vielleicht mit meinem Charme überzeugt oder mich hinter meinem Kostüm versteckt. Ich neige zu übertriebener Perfektion und meine selbstkritische Stimme hält trotz toller Performance nicht die Schnauze.
Diese Einstellung geht eventuell eine Weile gut, aber irgendwann hat die abgefuckte Gehirnwäsche die Kontrolle übernommen. Ich glaube an die Parolen, die mir in jeder Minute in mein tinnituserfülltes Ohr gebrüllt werden. Und dann glaube ich die Zweifel an mir und meiner Leistung, egal was ich auch tue.
Und dann werde ich depressiv.
Warum will ich perfekt sein?
Der Clown in mir versetzt sich in die Zuschauer. Ich trete aus mir heraus und steige mit meinen riesigen Clownsschuhen in die Köpfe der anderen. Was die wohl von mir und meiner Performance halten? Soll ich lieber dies oder das tun? Wie verhalte ich am besten? Ich bin so sehr damit beschäftigt, wie ich auf die Zuschauer wirke, dass ich nicht mehr bei mir bin, sondern verunsichert. All meine Energie verschwende ich mit den Gedanken, was Menschen von mir halten könnten.
Wenn ich hingegen bei mir bin und mir selbst bewusst bin, sende ich diese Botschaft an meine Umgebung. Fehlt mir das Selbstbewusstsein nehmen andere an, es gibt einen Grund für meine Unsicherheit.
Ich will immer dann Perfekt wirken, wenn ich ein negatives Bild von mir selbst habe. Entweder durch Erfahrungen begründet: „Bei der letzten Präsentation hast Du auch gestottert. Warum sollte es jetzt klappen?“ Oder ich kann es mir einbilden. Dies geschieht durch negative Glaubenssätze, die sich fest verankert haben.
Der Perfektion bin ich das erste Mal in der Schule begegnet. Das Notensystem war nicht MEIN System. Waren Noten schlechter als 1, hatte ich versagt. Gefühle des Versagens machen mich unsicher. Die Unsicherheit ergießt sich über alle Bereiche des Lebens.
Meine Unsicherheit ist ein dauerhafter Stresszustand. Ich sehe den Tag vom Bett aus auf mich zukommen und habe das Gefühl, ihm nicht gerecht werden zu können. Entweder, weil ich meinen eigenen Ansprüchen nicht gerecht werden kann oder weil andere Menschen zu hohe Ansprüche an mich haben. An beiden Ansprüchen kann ich arbeiten, denn der Anspruch fremder Menschen ist wiederum ein Produkt meines eigenen Verhaltens.
Wie werde ich mir selbst gerecht?
Ich reflektiere mich und meine Umgebung zu stark und hinterfrage sehr viel. Je mehr ich mich hinterfrage, desto selbstkritischer werde ich. Wenn ich mich ständig nach meinen eigenen Fehlern umschaue, werden dies auch bald die anderen um mich herum tun. Ich bin ansteckend. Ein Clown kann sehr amüsierend wirken.
Ich kann mir selbst helfen, indem ich mich nicht für selbstverständlich halte. Ich fange an, mich für Dinge zu loben, die früher selbstverständlich aus der Hüfte erledigt wurden. Zusätzlich habe ich zwei Optionen: entweder ist die nächste Aufgabe eine riesengroße Hürde, die ich kaum schaffen werde oder sie ist eine Challenge, ein Spiel, eine kleine Herausforderung. Ich sehe die Aufgabe nicht mehr als ernstes Ding, bei welchem die Welt untergehen wird, wenn ich nicht performe, sondern als locker leichtes Spiel mit einem Augenzwinkern. Ich nehme mich selbst einfach nicht mehr so ernst. Durch diese Gedanken sinkt mein Stresspegel und ich habe eine zufriedene Haltung und Körpersprache, die mich beruhigt und Andere in den Bann zieht.
Peace-Faktor:
Meine Clownsgedanken haben meine Persönlichkeit verändert. Ich war lebensfroh, selbstsicher und hatte eine positive Ausstrahlung. Ab einem gewissen Punkt können uns unsere Gedanken auf Dauer verändern und zu einer anderen Person werden lassen. Alles ist im Fluss und jeder Tag verändert uns in eine bestimmte Richtung. Jeder unnötige Stress bringt nicht nur mehr Falten, sondern auch Risse in unser Herz.
Ich fange an, gut zu mir und meinem Herzen zu sein. Dankbarkeit für selbstverständlich Dinge zu entwickeln, mir selbst bewusst zu werden und Aufgaben mit einem Zwinkern zu erledigen. War mein Leistung nicht ganz so toll? Na und, dann mach das Beste aus der Situation. Im Zweifel hilft ein lockerer Spruch oder die Natürlichkeit. Ja,ich bin nicht perfekt! Ich lerne zu akzeptieren, was ist. Wenn ich nicht gut zu mir bin, werden es die anderen auf Dauer auch nicht sein. Sicherheit fängt in mir an und kann nicht von außen zu mir gelangen. Ich bin auf dem besten Wege mir meine Persönlichkeit zurückzuholen und mein Clownskostüm nur noch an Karneval zu tragen.
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Ich kenne diese Gedanken und deine geschriebenen Zeilen, könnten stellenweise von mir sein. Ich weiß immer das ich nicht allein bin und war, und doch tut es jedesmal gut zu lesen, hier geht es jemanden ganz genauso wie dir. ♡